Panoptikum der Stellplatztechnik

  • Moin,

    eigentlich wollten wir auch dieses Mal etwas Schnee. Das würde ja auch zur Jahreszeit passen, aber so Wandel ich einmal wieder auf Poldys Spuren.

    Heute Morgen gesehen, die Ver/Entsorgung.


    Mit etwes Geschick ist das Loch zu treffen.

    Oder Eimer/Schlauch benutzen, wenn vorhanden.



    Man beachte die Aufkleber.

    Ich frage mich welcher Wasserhahn wohl zum spülen der Kassette benutzt wird.

    Ich habe keinen praktischen Test gemacht.

    Gruß Jürgen

  • Hallo Jürgen (Juhei),


    da hat wohl Jemand die Aufkleber verwechselt, trotzdem ein schönes Designobjekt. Würde gut zu meinem grünen Schuppenpanzer passen. ;-)


    War die Säule aus Kunststoff? Gabs irgendwo eine Herstellerbezeichnung?


    Grüße von Jutta+Jürgen (dem Poly-Jungdrachen)

    "Huuaaahhhahh..."

  • Moin Jürgen,

    die Säule war aus Metall,und wer der Hersteller ist,kein Ahnung.

    So genau hab ich sie nicht untersucht.

    Ich habe nur den Wasserhahn ohne Schlauch aufgedreht.

    Der optische Eindruck war,das Wasser aus meiner Regentonne zu Hause,ist sauberer.Das kann aber auch daran gelegen haben,es wurde schon längere Zeit nicht benutzt.


    Gruß Jürgen

  • So, habs gefunden und im Navi markiert. Ist ja gar nicht so weit von uns. Auf halbem Weg zur Nordsee. Falls es uns mal in die Gegend verschlägt, sehe ich mir das Ding genauer an. Könnte natürlich auch eine Einzelanfertigung sein.

    Danke Jürgen für das ungewöhnliche Fundstück.

    Grüße vom Poly

  • Wasser-Fjälle


    Wer von Flam weiter nordwärts will, kann bequem durch den Laerdalstunnel fahren. Weltlängster Autotunnel. Fast 25 km Röhre mit Gegenverkehr. Das zieht sich. Nur drei mal unterbrochen von blau-orange ausgeleuchteten Kavernen, in denen ein Zwischenstopp möglich aber nicht erholsam ist. Man fühlt sich wie die Maus, die zum Konzert in die Kesselpauke kroch. Auf unserer ersten Norwegenreise haben wir das ausprobiert. Diesmal folgen wir dem Tipp, lieber die alte Straße oben über die Berge zu nehmen. Soll interessanter sein.


    Aber erst mal hinkommen. Es ist Nachmittag. Stoßzeit. In Aurland sperrt ein großer Reisebus die enge Straße, um seine Fahrgäste aussteigen zu lassen. Nach kurzer Zeit staut es in beide Richtungen. Als die Kolonne wieder in Gang kommt, geben die einheimischen PKW ordentlich Gas, so dass wir den Kontakt zum Vordermann verlieren. Was auf einer normalen Straße ohne Bedeutung wäre, wird nun zum Problem.


    Der Aurlandsvegen steigt vom Fjord in Meerehöhe auf etwa 16 km Strecke in dreizehn engen Spitzkehren bis auf 1300 Meter an. Der Aufstieg hat also durchschnittlich 8 Prozent, ist weitgehend einspurig mit bergseitiger Felswand und talseitiger Leitplanke. Nur ab und zu gibt es kurze Ausweichbuchten. Wer hinunter will, wartet darin ab, bis die Bergauf-Kolonne durch ist.


    (Zum Vergleich: die "gefürchtete" Trollstiegen hat im steilsten 5-km-Stück zwischen den beiden Parkplätzen zehn ausgebaute Spitzkehren, jede Menge große Ausweichbuchten und nicht mal 370 m Höhenunterschied also rund 7 Prozent Steigung. Eigene Messung!)


    Wir sind inzwischen der Kopf einer eigenen Kolonne geworden und immer wieder kommen uns ungeduldige Fahrzeuge entgegen, die den Vordermann für das Ende der Bergauf-Schlange halten. Mehrmals muss zentimeterweise zurückrangiert werden, um aneinander vorbei zu kommen.


    Kurz vor dem Hochplateau gibts noch mal ein langes einspuriges Stück ohne erkennbare Ausweichmöglichkeit. Wird schon klappen. Denkste. Wir sind etwa halb durch, da braust uns von oben ein kleiner Streifenwagen mit Blaulicht entgegen. Also Rückwärtsgang und mehrere hundert Meter zurück. Blick in den Rückspiegel. Mist, geht nicht. Die letzte Bucht ist schon voll mit Autos belegt. Wie will die Polizei an uns vorbei kommen? Ah da vorne weitet sich der Weg minimal. Wenn wir uns gaanz sachte gaanz dicht an die Leitplanke schmiegen, könnte es gehen. Es geht. Mit eindrucksvoller Schräglage, die hangseitigen Räder hoch oben am Felsen quetscht sich die eilige Politi durch. Was für ein Stand! Filmreif! Trockene Bemerkung vom Beifahrersitz: "Ich glaube es hat eben geknirscht."



    Oben auf der baumlosen Ebene ist die Straße endlich etwas breiter und nur noch ganz wenig Verkehr. Rundlich abgeschliffene Berggipfel so weit man schauen kann. wir biegen auf den ersten Parkplatz ein und ich sehe mir die Bescherung an. Rechts vorne am Kotflügel fehlt ein Stück Decklack in der Größe eines Centstücks. Selber schuld. Ärgern? Was solls. Autos mit Kratzern werden weniger geklaut.


    Viel interessanter sind die tiefen Kratzer in dem Felsen auf dem wir stehen. Den Parkplatz hat der Gletscher planiert. Sieht aus, als wäre er gestern erst abgeschmolzen. Der Name Snøvegen (Schneestraße) passt. Da wir noch mal deutlich höher und nördlicher sind als gestern, liegt auch entsprechend mehr Schnee herum. Hier geht er eigenlich nie ganz weg. Offizielle Stellplätze gibts nicht, aber Übernachtungen werden geduldet. Wir finden einen kleinen Parkplatz an einem See mit Wasserfall und mehreren Firnfeldern drum herum.



    Auch hier gibts keinen Strom, also kommt die Solarmatte wieder vor die Beifahrertür. Das originell geneigte Sanitärhaus hält sogar eine ganze Solarwand nach Süden. Damit sich kein Auto davor stellt und Schatten drauf macht, ist die Seite mit großen Steinen gesperrt. Daneben steht noch eine mobile Toilette auf Rädern. Wozu das denn?



    Bei der Besichtigungsrunde sehe ich den Grund. Das kunstvolle neue Haus ist verschlossen. Stengt, wie der Norweger sagt. Wir haben noch freie Kapazitäten und brauchen weder das Kunstwerk noch das Ersatz-Dixie.



    Vom Ende des Platzes schlängelt sich ein privater Schotterweg hinauf in die Berge. Schranke verschlossen. Daneben eine verwitterte Holzbox mit einer rostigen Sparbüchse. Muss man hier also doch was bezahlen? Nur wenn man im See fischen will. 60 Kronen für den einen Angeltag. Aber ob das noch gilt? Alle Formulare sind verbraucht, die Erklärtexte verblichen und verwaschen. Sieht aus, als hätte sich schon lange keiner mehr drum gekümmert.



    Wir wollen hier nicht angeln, aber einen abendlichen Spaziergang zum Wasserfall gönnen wir uns doch. Ich balanciere vorsichtig über bemooste Steine bis mir die ersten Tropfen ins Gesicht klatschen. Das Wasser kommt von mehreren Schmelzwasserseen weiter oben und fällt in zwei eiskalten langen Strähnen herunter.



    Direkt neben dem Wasserfall liegt ein zusammengeknülltes Fischernetz. Sehr dünn und feinmaschig. Was soll man davon halten?



    Spätabends wird uns erneut das angewandte Jedermannsrecht vorgeführt. Ein junges Paar rollt im silbernen Kombi an. Stundenlanges lautes Palaver... rein ins Auto... raus aus dem Auto... wieder Palaver. Meistens spricht er. Wir verstehen kein Wort. Vermutlich geht es um Briefmarkensammlung, Computerspiele, Modelleisenbahn...


    Schließlich schleppt er einen Zeltsack etwa hundert Meter vor unserer Nase ins Fjäll und baut ein tarnfarbenes Iglu auf. Sie ziert sich. Trägt mal einige Sachen zum Zelt und dann die gleichen Sachen wieder zum Auto... Palaver... Trump, Brexit, Migration...


    Stundenlang stehen die beiden diskutierend neben ihrer Hütte. Er leidenschaftlich, voller Überzeugung - sie weiß nicht so recht. Dann kriecht er ins Zelt. Sie nach einiger Zeit auch. Gleich kommt sie wieder raus. Er ebenfalls. Palaver... Urknall, dunkle Materie, Reisen zum Mars...


    Bis tief in die Nacht geht das noch. Als wir am nächsten Morgen beim Frühstück sitzen, erscheint zuerst sie, zufrieden lächelnd und in entspannter Körperhaltung, geraume Zeit später er. Das Zelt wird abgebaut. Abfahrt. Diesmal ganz ohne Palaver. Glückwunsch.


    In der Nacht bimmelten mehrmals leise Glöckchen an unserem Kasten vorüber. Wie auf dem gestrigen Platz stromern auch hier Tag und Nacht kleine Schafgruppen frei in den umgebenden Bergen herum. Von wegen, Schafe können nicht gut klettern. Diese bouldern mit Begeisterung in der Steilwand am Wasserfall. Falls sich die Wölfe eines Tages bis hierher ausbreiten, sollten sie Magnesia mitbringen.


    Unsere Reise ist straff geplant. Wir müssen leider wieder runter vom Berg. Am Beginn der Abfahrt kommt ein betonierter Wanderweg in Sicht. Gleich daneben ein Parkplatz. Barrierefreier Weg für Rollis? Was gibts hier zu sehen? Der Weg schwingt um den Berghang herum und mündet in einer Höhle. Klar Menschenwerk - keine Bärenhöhle.



    Oder vielleicht doch? Links im Halbdunkel der Höhle schläft auf einem riesigen Haufen Zivilisationsmüll ein großer schwarzer Bär - aus Plüsch und hinter Mehrschichtglas. Kunst im öffentlichen Raum. Was der Künstler ausdrücken will, ist leicht zu entschlüsseln. Die bunte Sammlung reicht vom Steinbeil bis zum Autoradio. Das Fischernetz von gestern Abend hätte hier gut hingepasst.



    Weiter unten stehen auch wieder Bäume am Straßenrand. In einer steilen Spitzkehre trete ich in die Eisen und quetsche den Kasten in eine winzige Ausweichbucht mit starkem Gefälle. So früh am Morgen wird schon keiner hier hoch wollen. Was hab ich da eben gesehen?


    Wir klettern den Hang hinunter über eine wackelige Holzbrücke in ein Schafgatter. Die Schäfchen freuen sich über den Besuch und versuchen sofort Freundschaft zu schließen. Dann stehen wir vor einem prächtigen Wasserfall der über viele Stufen vom Berg herunter und mit Macht um die Insel der Schafe herumrauscht. Kein Superlativ, einfach nur schön.



    Hach, ich möchte eines Tages mal ganz viel Zeit haben und all diese kleinen Dinge am Wegesrand in Ruhe genießen... Kunstwerke, freundliche Wesen, Naturwunder... Palaver...

    ;-)

    J+J

    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Uralte Balken


    Unser Heimweg in Richtung Süden geht über die Reichsstraße Nr.3 an der Glomma entlang. In dieser Gegend wurde das Skifahren erfunden. Am Hang stehen Sprungschanzen und der Ort hat zwei Skier im Wappen. In meiner Karte ist ein Bauernhof als Freilichtmuseum markiert. Zunächst sichten wir aber gebastelte Witze. Ein Futtersilo als Weltraumrakete dekoriert. Wie hübsch. Das Museum kann es nicht sein. Laut Navi sind noch zwei Kilometer zu fahren (es werden fünf). Auf dem nächsten Kreisverkehr zeigt ein riesiges Thermometer auf minus 39 Grad - im Juli.



    Wir folgen dem Navi, brauchen aber zwei Anläufe, um die Zielflagge zu erreichen. Der erste Weg (asphaltiert, breit) führt nur in der Nähe vorbei. Die Zugänge Richtung Museum sind versperrt. Also zurück. Der zweite Weg (geschottert, schmal) führt durch mehrere bewohnte Bauernhöfe (mit erstaunten Gesichtern) und übergangslos mitten ins Museumsgelände. Keine Tore, keine Sperrschilder. Erst nachdem wir den Haupteingang in falscher Richtung passiert und endlich den Parkplatz gefunden haben, erkennen wir, dass es unten am Fluss noch eine dritte (die richtige)Zufahrt gegeben hätte.


    Im Moment sind wir die einzigen Besucher. Weder eine Kasse, noch Personal zu sehen. Von außen anschauen kann mans ja trotzdem. So also haben die alten Norweger gewohnt. Das Gehöft ist über dreihundert Jahre alt und steht am originalen Standort. Achtzehn schwarzbraun verwitterte Blockhäuser in die Landschaft gestreuselt mit dicken Grasdächern oben drauf. Erstaunlich, wie fugenlos die Balken übereinander geblockt wurden. Erinnert an eine Wild-West-Siedlung. Jedes Haus zu einem anderen Zweck. Es gibt ein Brunnenhaus, ein Badehaus, ein Küchenhaus, Schmiede, Schreinerei, Pferdestall, Kuhstall, Schafstall und zu jeder Tierart spezielle Futterscheunen auf trocken gestapelten Ecksteinen.



    Auch die Vorräte für die Menschen wurden getrennt in verschiedenen Lagerhäusern aufbewahrt. Die Gebäude stehen wie Womos am SP einzeln ohne bauliche Verbindung beieinander. Vielleicht damit bei Feuer nicht alles herunterbrennt? Wie mag das im Winter gewesen sein, wenn man für jede Besorgung in ein anderes Haus musste? Tunnel unterm Schnee wie bei den Feldmäusen?



    Gewohnt wurde je nach Jahreszeit abwechselnd im Sommerhaus oder im Winterhaus. Aber welches ist welches? Die beiden Gebäude sind etwa gleichgroß und ähneln sich wie Zwillinge. Das Museum weiß es auch nicht genau. Wir finden zwei Geländepläne - zwei Versionen. Hätte das Winterhaus dickere Wände, kleinere Fenster und einen größeren Ofen, wäre die Sache logisch. Das Sommerhaus hatte früher eine halbhoch geteilte Tür, damit beim Lüften die Ziegen draußen blieben. Nichts davon zu sehen. Und wozu überhaupt der ganze Aufwand? Angeblich damit nach jedem Umzug das Leerstehende gründlich geputzt werden konnte. Klingt nach Luxusproblem. Statussymbole?



    Leider sind die Häuser verschlossen. Nur durch die Fensterscheiben kann man etwas von der Inneneinrichtung erkennen. Bank, Truhe, Bauernschrank. Spinnrad und Webstuhl haben leider kaum einen Faden am Leib. Weiter hinten Staubsauger, Kaffeemaschine, Elektrokocher ... Hää ? Vielleicht doch noch bewohnt?



    Hinter der Heu-Scheune versteckt sich das kleinste Häuschen. Ein "Utedo" oder kurz: "Do" (wörtlich übersetzt: "tun") ... na was wohl. Zwei Balkenenden markieren links unten die fest eingezimmerte Sitzgelegenheit. Die Tür ist so niedrig, dass sich jeder Eintretende vor der stillen Würde des Ortes verneigen muss.



    Als einziges Haus ist es unverschlossen. Innen sehen die Balken fast wie neu aus und es riecht nach Wald. Den modernen Utensilien nach: "ready for use". Als Besucherklo? Wir haben den Deckel nicht angerührt. Damit bleibt leider ungeklärt, ob sich darunter ein echtes nordisches Plumpsklo aus dem Spätmittelalter oder was Modernes verbirgt. Vielleicht so eine Trocken-Trenn-Astronauten-Zielbrille oder sogar eine richtige Komposttoilette ...?



    Erst daheim entdecke ich im Internet, dass es doch besser gewesen wäre, zunächst bei der komischen Rakete anzuhalten. Kein Futtersilo, sondern ebenfalls ein Museum - für einen berühmten Humoristen. Da hätte man angeblich auch die Schlüssel zu den alten Blockhäusern und ggf. einen Audioguide bekommen können. Man sollte seine Reisen besser vorbereiten...

    ;-)

    J+J

    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Kleingeld


    Wir haben die Abendfähre noch erwischt und erleben eine Überfahrt mit romantischem Sonnenuntergang. Genau als das letzte rotgoldene Schnipselchen am Horizont verschwindet, ruft die übliche Lautsprecherdurchsage alle Autofahrer wieder nach unten in ihre Wagen. Großartiges Timing!



    Keine Lust heute noch in die Nacht hinein weiterzufahren. Also wird der nächste Stellplatz angelaufen. Der ist genau auf solche Kunden eingerichtet. Willkommen in der Heimat. Niemand mehr in der Rezeption. Bezahlautomat? Kartenzahlung? Fehlanzeige! Man soll die Gebühr in Bar und abgezählt in einen beschrifteten Umschlag stecken und in den Briefschlitz werfen. Aber gerne. Unser Problem: wir habens nicht passend. Nur noch einen großen Schein. Halt, im Handschuhfach liegt doch das Schlüsseltäschchen mit all den kleinen Münzen, die sich über die Zeit angesammelt haben. Ich baue messing-kupferne Türmchen auf dem Dinettentisch und tatsächlich - es reicht gerade so. Mit schwerem Plumps landet der dicke Umschlag im Briefkasten. Ehrlich schläft sichs besser. Außerdem hat die Gewichtseinsparung auch ihre Vorteile.


    Am nächsten Morgen werden wir von merkwürdigen Düften geweckt. Ich mache einen Spaziergang und entdecke schnell die Ursache. Der Stellplatz ist ein Bauernhof und direkt nebenan in Riechweite und Windrichtung logiert ein halbes Dutzend quieklebendige Sparschweinchen.



    Es fehlen ihnen nur die üblichen Schlitze auf dem Rücken. Die finden sich gleich nebenan. Das Servicehaus könnte früher eine Scheune gewesen sein. Jetzt beherbergt es die Spülküche.



    Große Schilder über den Spülbecken erklären wie es funktioniert. Ich gehe davon aus, dass heißes Wasser gemeint ist. Leider hab ich kein Zehnerle mehr, um das zu testen. Die sind gestern Abend alle mit durch den Briefschlitz gerutscht.



    Die dazu gehörenden Münzautomaten sind wie kleine Panzerschränke in die rückwärtige Mauer eingelassen. Man sollte auf die Nummerierung achten, sonst bezahlt man das Spülwasser für den Nebenmann.



    Draußen gibts noch mehr Wasserhähne mit Wandsafe-Sparbüchsen. Alles sehr ordentlich beschriftet, aber ob es immer der Wahrheit entspricht?



    Der rechte Hahn hat ein Zollgewinde für Gardenanippel, an dem man seinen eigenen Schlauch anschließen könnte. Aber wieso kostet das kalte Wasser hier draußen genauso viel, wie das heiße Spülwasser drinnen? Ob die versprochene Menge überhaupt stimmt? Zusätze wie "circa", "etwa" oder "ungefähr" meinen selten einen Kundenvorteil.



    Aus dem linken Anschluss läufts auch ohne Münzen. Grauwasser? Ich könnte wetten, dass der kostenfreie Wasserhahn (ein zeitbegrenzter Druckspüler) hinter der Wand an die gleiche Trinkwasserleitung angeschlossen ist, wie der rechte kostenpflichtige. Der Bauer hat diesen Gedankengang vorhergesehen und versucht es mit Freundlichkeit. Erstmals wird das Wort "Bitte" verwendet. Sicherheitshalber hat er außerdem den roten Schlauch mit einer Schelle festgemacht. Falls doch jemand dran herumbastelt, kommt bestimmt gleich der Großknecht mit der Mistgabel um die Ecke und bekräftigt die Bitte.



    OK, es gibt auch ein paar Schlitze die nicht nach Münzen gieren. Einer wurde mit der Flex so weit vergrößert, dass hier auch ein Kassettenrüssel reinpasst. An solchen einfachen Einloch-Entsorgungen ist es schwierig zu kassieren.



    Aber man kann es ja mal versuchen. Der letzte Wandschrank ist deshalb eine Spendensammelbox. Im Text steht sogar ein vorauseilendes "Danke". Der desolate Zustand lässt Interpretationsspielraum. Ist sie so verrostet, weil sie kaum benutzt wird, oder weil so viele freiwillige Münzen den Lack beschädigt haben? Als Optimist glaube ich an das Gute im Campingfreund.



    J+J

    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Falls keiner was dagegen hat, hol ich mal den alten Faden wieder hoch.



    Preisgekrönte Perfektion.


    Auf halbem Weg zwischen Nordsee und Sweet-Home suchen wir nach einem Übernachtungsplatz. Suchkriterium: ein fußläufiges Ausflugsziel für einen schönen Nachmittagsspaziergang. Die Osmand-Karte zeigt eine Burgruine mit Aussichtsturm 200 m Luftlinie vom Stellplatz entfernt. Na, das wär doch was. Wir verlassen die A44 und nehmen Kurs auf den Platz.



    Die Burgruine über dem Ort ist nicht zu übersehen und der Weg zum Stellplatz prima ausgeschildert. Schon bevor man da ist, wird deutlich: das ist ein Platz nur für Womos! Bedrohliche Sperrschilder verwehren jeder anderen Fahrzeuggattung die Einfahrt. Die Stellflächen sind sauber geschottert und haben genug Abstand. Stromsäulen stehen in Reichweite. Alles ziemlich neu. Ein paar kleine Bäumchen im Gelände sind noch zu jung, um Satschüsseln zu beschatten. An einer Hütte finden wir Sitzgelegenheiten mit Tisch und Blümlein für zwanglose Sozialkontakte auf „neutralem Territorium“. Unter dem breiten Hüttendach stehen regengeschützt die wichtigsten Bezahlautomaten.



    Eine Nacht kostet 10 Euro. Man kann mit Karte, Schein oder Münzen bezahlen. Sehr erfreulich, wenn man gerade von einem Nordseeplatz kommt, der doppelt so teuer aber nur halb so gut ausgestattet war.



    Rechts daneben der zentrale Stromautomat mit Touchscreen. Auch hier kann man Klimpergeld in vielfältiger Stückelung einsetzen und endlich mal das Portemonnaie verschlanken. Die vorsorglich gesammelten großen Münzen bleiben unberührt.



    Links eine Box für den Brötchenservice, der morgens auch Konfitüre und Wurst frei Womo liefert. Hinter der Hütte stehen einige Fahrräder zum „Ausborgen“. (Man darf tatsächlich gratis damit losradeln.) Es gibt saubere Toiletten und einen Verschlag mit verschiedenfarbigen Kästen zur Mülltrennung.


    Dieser Stellplatz „passt“ wie ein Maßanzug. Alles ist an der richtigen Stelle und so wie es der Camper mag. Auf einem großen Aushang stellt sich die Betreibermannschaft mit Bild und Namen vor. Das Ganze ist ein privates Gemeinschaftsprojekt von mehreren Familien mit eigener Campingerfahrung.



    Ein paar Schritte hinter der Hütte beginnt der Aufstieg zur Burg. Etwa 60 Höhenmeter sind zu „bezwingen“. Der Pfad schlängelt sich heftig, so dass es am Ende doch 800 Meter Strecke sind. Unterwegs hat man von einer Felskanzel schöne Aussicht auf den Stellplatz. Weiter oben warnen Schilder, nicht den Weg zu verlassen. Auf dem Berg gibt’s einen Bogenparcours und im Wald fliegen bisweilen die Pfeile.


    Die Burgruine ist offen zugänglich. Man kann in den finsteren Gewölbekeller absteigen und über rustikale Leitern auf den Burgturm klettern mit freiem Rundblick über Städtchen und Tal bis zum Habichtswald. Die Sonne steht schon tief und meine Knipserei dauert wieder mal viel zu lange. Bis wir wieder unten am Kasten sind, wird es allmählich dunkel.



    Am leicht verregneten Folgetag nutzen wir auch die V/E. Das gediegene Ensemble in Edelstahl lässt kaum Wünsche offen. Eine lange Grauwasserrinne erspart umständliches Vor- und Zurückrangieren. Naja, ich stehe etwas daneben, aber das überbrückt der kurze Schlauch.



    Zwei Stahlkästen strecken dicke Röhren in die Höhe, in die man die Kassette spritzerfrei und ohne Rückenschmerzen reinkippen kann. Spülwasser ist umsonst. Damit niemand in Versuchung kommt, dort Kaffeewasser zu zapfen, sind die Spülanschlüsse dicht neben den Einfüllröhren platziert. Angewandte Psychologie.



    Trinkwasser gibt’s in angemessenem Abstand zu üblichen Preisen in großen oder kleinen Portionen. (Brauchen wir heute nicht.) Der Wasseranschluss ist bereits mit einem Gardena-Adapter ausgerüstet. Warum er allerdings nach vorne verdreht und mit diesem Schlauchstummel präpariert wurde…? Gewöhnlich wird mit allen Tricks versucht, die Trinkwasserhähne gegen den Missbrauch als Kassettenspülung zu wappnen. Der untere Blechbügel zeigt an, dass das ursprünglich hier auch so war.



    Im Internet kann man erfahren, dass es in der Stadt früher einen anderen Stellplatz gab, einen Großparkplatz ohne Infrastruktur. Beliebter Jugendtreff mit lauter Musik und Autokorso. Wir sind schon mal um Mitternacht von einem ähnlichen Platz geflüchtet.


    Wie schön, dass es hier nun so einen angenehmen Platz gibt. Er wurde bereits in Campingzeitschriften gewürdigt. (Stellplatz des Monats, Sonderpreis der Jury)


    Neueinrichter aller Nationen: schaut auf diesen Platz!

    J+J

    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Wie es begann


    Daheim kommt das Wasser wie Zauberei aus dem Hahn und verschwindet nach Gebrauch in der Keramik. Aus den Augen aus dem Sinn. Beim Wohnkasten ist das etwas komplizierter. Wer erstmalig eigenhändig eine klassische Womo-­Entsorgung durchgezogen hat, vergisst das lange nicht. Frischwasser, Abwasser, Toilettenkassette. Alles gut, man atmet auf, das Leben kann weiter gehen (wenigstens bis zum nächsten Pitstop).


    Der erfahrene Kastenreisende freut sich dann immer wieder aufs Neue, sobald er auf fremden Plätzen den feuchten Winkel entdeckt und in gebrauchsfähigen Zustand vorgefunden hat. Die meisten haben auch keine Probleme damit, die eine oder andere Münze zu opfern, sofern alles problemlos genutzt werden kann. Gibt es Probleme, sieht die Geschichte anders aus. Selbst professionell gebaute Anlagen können einem die Verrichtungen manchmal ganz schön verleiden.


    Auf Reisen in unbekannte Gegenden erlebt man gelegentlich besondere Überraschungen. Manche Betreiber von Stell­- oder Campingplätzen basteln sich Anlagen, da muss man einfach den Fotoapparat zücken. Die meisten davon funktionieren sehr gut, manchmal besser als teure Profitechnik, manchmal aber auch nicht.


    Unsere erste Begegnung mit Stellplatztechnik hatten wir auf einer Testfahrt im ausgeliehenen Kasten. Vormittags Wasserkuppe mit viel Nebel und wenig Flugbetrieb ergo Museumsbesuch.



    Nachmittags hinunter zum Main. In der Einfahrt grüßte breit und behäbig eine uralte HolidayClean. Als hätte sie schon immer dort gestanden, war sie bereits in die Umgebung „eingeheilt“.



    Man zahlte da auch gleich die Stellplatzgebühr. Fünf Euro – waren das noch Preise! Der Kartenschlitz täuschte leider. Er war unbenutzbar verklebt.



    Hier konnte man lediglich Münzen einwerfen und bitte nur die großen, damit sich der Betreiber bei der Leerung keinen Bruch hob.



    Zunächst hatten wir überlegt, das Minibad im Leihkasten gar nicht zu benutzen und nur auf Campingplätze zu gehen. Aber wenn schon Probekasteln dann mit allen Facetten. Die Säule sah vertrauenswürdig aus. Also ran. Die großen Pfützen davor hätten mich eigentlich warnen sollen.



    Sauber einparken. Hahn auf. Das Duschwasser fand seinen Weg wunderbar in den Gulli vor der Anlage. Deckel auf. Kassette in den Trichter reinkippen. Ebenfalls kein Problem. Und nun? Da stand was von Spülung. Also zack Hebel herum. Es war die Trichterspülung. Das Wasser schoss mit großem Druck aus allen möglichen Richtungen in den Blechtrichter und bevor ich den Deckel zuklappen konnte, hatte sich ein dichter Sprühregen über die Umgebung verteilt. Da gab es doch noch eine zweite Spülung. Aha hier musste man offenbar die Kassette davorhalten. Zack. Der Strahl knallte mit Wucht in den Rüssel, prallte innen an den Rohrwindungen ab und kam zum großen Teil gleich wieder oben raus. Bis es mir gelang, die Kassette in eine Stellung zu bringen, bei der wenigstens ein Teil des Wassers drinblieb, waren die Klamotten bis Kniehöhe schön gesprenkelt. Wäre eben doch besser gewesen, vorher die Gebrauchsanweisung zu lesen.



    Inzwischen haben wir viele Holiday­Clean benutzt. So einen hohen Wasserdruck erlebten wir nie wieder. ;-)


    J+J


    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Am Elbufer


    Im Frühjahr 2015 übernachten wir zum ersten Mal auf diesem Platz am rechten Ufer der Elbe. Man kann hier auf mehreren Terrassen in unterschiedlicher Höhe stehen. Auf dem ummauerten „Balkon“ gibts elektrischen Strom und in der vorderen Reihe sogar freie Sicht auf den befahrenen Strom. Unten am Elbweg fehlen Steckdosen, oben auf der Hochebene fehlt der Elbblick. Dort stehen ein paar Miethütten (im Moment alle leer), daneben finden wir einen freien Platz.



    Gleich nebenan sind drei Pflanzringe und eine Gehwegplatte aus dem Gartenbedarf zu einer kleinen Säule aufeinander gestapelt. Die Elektroinstallation sieht akzeptabel aus. (Immer nett, wenn der Camper notfalls selbst an die Sicherungen herankommt.) Zweifel habe ich nur an der Pressspanplatte. Es funzt, aber wie lange wird das halten?



    Sehr provisorisch wirkt auch der Sanitärcontainer. Und wozu liegt hier so ein Haufen Bambusrohre? Spielgeräte? Dekomaterial? Ökoexperiment? In Asien wurde Bambus früher für provisorische Wasserleitungen verwendet. (Die Thüringer Wasserwirtschaft buddelt auch noch ab und zu alte aber voll funktionsfähige Holzröhren aus, durch die schon seit Ewigkeiten Wasser fließt.)



    Sehr interessant der freie Blick auf die offene Installation an der Rückwand. Einige Teile sind mit Folie und Paketklebeband umwickelt. Das dürfte trotzdem kaum winterfest sein. Das Wasser im Herbst einfach abzudrehen, wäre keine akzeptable Lösung für einen Ganzjahresplatz.



    Für die Entsorgung gibt es im hintersten Winkel eine Plattform aus Ortbeton mit einem erstaunlich großen Rost. Den trifft auch der ungeübte Gelegenheits-Wohnmobilist leicht. Die erweiterte Öffnung in der Mitte ist für die Kassetten. Aber ob der Riesenrost auf Dauer den tonnenschweren Reisemobilen standhält?



    Die Säule mit den Wasseranschlüssen besteht – stilistisch konsequent – wieder aus Pflanzringen vom Gartenmarkt. Keine schlechte Idee. Der Wasserzulauf im inneren der Betonröhre kann gut mit Dämmstoffen umhüllt und dadurch einigermaßen frostfrei gehalten werden. Nur das Holzdach ist ein Stilbruch. „Sauberes Trinkwasser“ gibt’s aus dem vorderen Hahn. Dazu muss man Geld in eine Münzbox werfen, die für begrenzte Zeit ein Magnetventil öffnet. Noch vor dem Magnetventil ist hinten seitlich ein weiterer Hahn angeschlossen, aus dem also jederzeit auch ohne Geldeinwurf gezapft werden kann. Dieser ist jedoch nur für die Kassettenspülung gedacht.



    Ob jeder die Warnung auf dem Zettel liest und auch beachtet? Ob der gelbe Schlauch tatsächlich nur in den Rüsseln der Klokassetten hängt, oder doch ab und zu in einem Trinkwasserkanister? Geiz ist geil und Bakterien oder Viren gibt’s doch gar nicht …



    Zwei Monate später


    Im Sommer sind wir wieder da und stellen kleine Veränderungen fest. Unten am Elbweg lehnt eine große Pressspanplatte mit zehn Steckdosen am Baum. Schnell wegzuräumen, falls die liebe Elbe mal wieder aus ihrem Bettchen hochklettert. Die monströse Anschlusstafel ist gut gemeint, aber es haben nur wenige Womos was davon. Der Weg mit den Parzellen zieht sich hin und so lange Kabel, dass es bis zum Ende reicht, schleppt keiner mit.



    Die Entsorgungsplattform sieht unverändert aus. Das riesige Gitter zeigt wider Erwarten doch keine Verformungen. Hab mich geirrt. Solide Sache.



    An der Wassersäule hängt immer noch der gleiche Zettel, aber die alte Warnung läuft ins Leere. Es gibt gar keinen Spülschlauch mehr. Der zweite Hahn mit dem Gratiswasser ist verschwunden. An seiner Stelle wurde ein schwarzes Rohr nach Weiß-der-Geier-wohin fest angeklempnert. Wie spült man nun die Kassette nach? Wir verzichten hier lieber aufs Frischwasser.



    Im Internet kann man nachlesen, dass weiterhin innovativ an dem Stellplatz gebastelt und improvisiert wird. Mehr Stromanschlüsse, Geländer, Skulpturen als Lampenhalter usw. Für kurze Zeit war er sogar „Platz des Jahres“. In jüngerer Zeit mehren sich leider die schlechten Kritiken.


    J+J


    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Lieber Poly,

    Deine „historischen“ Aufnahmen zeigen nicht den aktuellen Standard des Stellplatzes. Wann bist Du das letzte Mal dort gewesen? Heute (und schon seit etwa 2017) ist dort doch alles ziemlich schick und modern - man fühlt sich wohl wie auf einem guten Campingplatz!

    Ich bin ein glücklicher Mensch - ich privatisiere in Berlin!

    Einmal editiert, zuletzt von Chopper ()

  • Lieber Poly,

    Deine „historischen“ Aufnahmen zeigen nicht den aktuellen Standard des Stellplatzes ...

    Hallo Chopper, ;-)

    richtig, die Bilder sind von 2015. Steht im ersten Satz. Deshalb gibt's auch keine Ortsangabe. Es ist eine exemplarische Momentaufnahme.

    Liebe Grüße vom Poly

  • Falls keiner was dagegen hat, hol ich mal den alten Faden wieder hoch.

    Aber ganz im Gegenteil!!!

    Toll, dass Du uns wieder mit schönen Geschichten rund um den zentralen unabdingbaren Andockpunkt zwischen Kasten und Zivilisation beschenkst.

    die Klamotten bis Kniehöhe schön gesprenkelt

    Ich gestehe freimütig, dass ich es auch nach vielen Jahren gelegentlich immer noch schaffe, mich nass zu machen. Und sei es nur mit einem Schwung Restwasser beim Ausrollen des Schlauches...


    Gruß

    Jürgen

  • Memories


    Ein Campingplatz in Meck-Pom. Wir kennen ihn noch aus alten Zeiten. Er war einst der Beste weit und breit. Jeden Sommer voller Leben. Heute sogar Anfang August bei Traumwetter nur eine verschlafene Laubenkolonie. Die begehrten Parzellen mit Seeblick von Kleingärtnern blockiert - die aber kaum da sind. Fremde Urlaubsgäste und durchreisende Womos kriegen hintere Plätze weit weg vom Wasser.



    Kein einziger Badegast auf der Liegewiese. Früher war hier den ganzen Sommer ein professioneller Rettungsschwimmer im Einsatz – und hatte stramm zu tun. Heute gähnende Leere auf dem malerischen See. Die Boote der Dauercamper selten benutzt hinter Gittern weggesperrt. Wir erinnern uns an Flotten von Poucher Faltbooten die seinerzeit auf dem Wasser herumwimmelten. Damals wurden hier kleine Regatten ausgesegelt, Neptunfeste und Hochzeiten gefeiert. Der Platz hatte eine eigene Kaufhalle, ein eigenes Kino und eine eigene Poststelle. Ein Pferdewagen mit einem uralten Gaul, ein motorisiertes Taxi und ein kleines Fahrgastschiff pendelten zur Stadt. Niemand von uns ahnte, dass sich gleich auf dem Nachbargrundstück die Stasi einquartiert hatte. Lange her.



    Damals gabs hier noch keine Wohnmobile. Wir reisten mit der Bahn und Riesengepäck oder mit Motorrad und Zelt, später mit Trabbi und Klappfix an. Inzwischen hat man sich auf die Womos eingestellt. Vor der Einfahrt wurde ein kleiner Stellplatz eingerichtet und eine V/E­-Anlage gebaut, funktional und osttypisch langlebig. Der massive Bodeneinlass fürs Grauwasser ist in eine schmale Asphaltfläche eingebettet. Leicht wellig geteert wie Honeckers Waldwege im Nossentiner Forst aber brauchbar.



    Unverputzt und stolz wie ein Chefsessel stemmt sich das selbstgemauerte Schwarzwasser-Becken mit kunstvoll gefliesten Oberseiten dem mecklenburgischen Wetter entgegen. Das rustikale Gemäuer hat zwar offene Fugen, dennoch umschließt es zuverlässig den edel glänzenden Trichter. Der gepanzerte Spülschlauch erlaubt nur kurze Feuerstöße. Man muss immer wieder auf den Abzug des Druckspülers drücken. (Wer damit einen Trinkwasserkanister befüllen will, braucht schon sehr viel Ignoranz.) Ein dicker Poller schirmt die ungeschützte Flanke des Ensembles gegen Verkehrsrowdys ab.



    Souverän wie ein Grenzpfahl ragt die Frischwassersäule aus dem Gras. Könnte ebenfalls ein Eigenbau sein. Der Münzprüfer ähnelt auffallend seinen Brüdern in den Duschkabinen. Der grüne Schlauch scheint noch relativ neu zu sein. Trotzdem, fremde Schläuche ignorieren wir konsequent. Aus gutem Grund schleppt man schließlich saubere Adapter und eigenes Schlauchgewürm mit sich herum.



    Mehr V/E braucht eigentlich kein Mensch. Einfach und robust wie ein Simson-Mokick.


    J+J


    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Für Heber



    Es geht Richtung La France am Rhein entlang. Der angepeilte Stellplatz nahe dem Flussübergang ist voll belegt, also weiter auf einen etwas abseits gelegenen Ausweichplatz. Hier ist noch was frei. Wir fädeln uns vor einer haushohen Hecke ein und entdecken beim Aussteigen, dass Irgendwer uns den roten Teppich ausgerollt hat. Die Gummimatte liegt schon länger, hat bereits Moos und Flechten angesetzt.





    Ein bisschen Wiese wäre uns eigentlich lieber, aber hier gibt’s sonst nur Beton. Könnte natürlich auch eine spezielle Methode der Platzreservierung sein. Ich frage beim Nachbarkasten, ob man mit Vertreibung zu rechnen habe. Dieser hat auf dem Platz noch keinen Stammgast mit Sonderrechten gesehen. Abends käme eine Kassiererin. Die wird’s wissen. Wir wollen nur übernachten. Also bleiben wir erst mal so stehen.





    Es kommt keine Kassiererin. Im Aushang steht eine Telefonnummer. Ich wähle sie an, aber niemand hebt ab. Auch am folgenden Morgen kommt keine Bezahlmöglichkeit in Sicht. Hinter dem Schuppen gibt es eine V/E und wir hätten gerade dringend eine nötig. Laut Aushang ist Entsorgen kostenlos.





    Ein weiterer Aushang informiert, dass die „…Wassersäule beschädigt ist und man Wasser aus einem Anschluss im Keller bekommen kann. Bitte Bescheid sagen!“ Nur wem? Niemand da. Ich rufe laut: „BESCHAHAID!“ Keine Reaktion.



    Die Hygienja wurde offenbar kürzlich aufgebrochen und dabei der Hahn abgerissen. Jemand hat einen gewöhnlichen Wasserhahn angeschraubt. Vielleicht funzt sie ja nun wieder? Richtig geraten. Sie schluckt den Euro und gibt Wasser. Dieser Aushang ist also veraltet.





    Wohin nun mit der grauen Box? Der großformatige Hinweis an der Wand ist nicht zu übersehen, aber missverständlich. Gemeint ist natürlich nur der Inhalt der Kassetten. Das Zeug in ein Regenrohr zu kippen, erfordert irgendwie doch ein bisschen Überwindung. Gut erkennbar, dass aus dem gleichen Rohr kurz über der Einfüllstelle das Regenwasser für das grüne Fass abgezweigt wird. Pikante Kombination.





    Leicht erhöhte Einfülltrichter sind eigentlich ganz nett. Man schont den Rücken. Dieser hier liegt aber so hoch, dass es schon wieder anstrengt. Man muss die Kassette bis in Brusthöhe lupfen und dann mit der rechten Hand bis Augenhöhe einseitig ankippen. Dabei im richtigen Moment den gelben Knopf drücken. Unsere Box ist ordentlich gefüllt und ich fürchte, das dicke Rohr aus den dünnen Blechschellen zu reißen. Besser man hält sie frei ohne sie auf den Rohrrand aufzustützen. Gutes Training für Gewichtheber. Hantel anheben und umsetzen, kurze Verschnaufpause dann Gewicht ausstoßen bis zur Hochstrecke. Es geht alles gut und nichts daneben. Versuch gültig. Alte Kleckse an der Wand zeigen, dass das nicht immer so klappt.





    Ein weiterer Aushang verrät, wie die Spülung funktioniert.





    Dumm nur, dass es längere Zeit nicht geregnet hat und sowohl die Gießkanne als auch die Regentonne völlig leer sind. Man könnte Trinkwasser aus der Hygienja nehmen. Das Grauwasser muss aber eh noch abgelassen werden und es ist ebensogut als Spülwasser geeignet. Gut, wenn man für diese Verrichtung einen Eimer dabeihat. (Der Trick, wie man es direkt in die Box umfüllen kann, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.)




    Immer noch niemand zum Kassieren da. Wir versuchen es ein weiteres Mal mit der Telefonnummer. Fehlanzeige. Der Kastennachbar bietet augenzwinkernd an, unsere Stellplatzgebühr aufzubewahren und am Abend zu übergeben. Ja klar, also nee… *grins* Mit ein bisschen schlechtem Gewissen und dem Vorsatz später mal wiederzukommen, lichten wir gegen Mittag den Anker.


    J+J


    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)

  • Rote Ecke


    Am späten Nachmittag kurz hinter Kristiansand werden wir gestoppt. Ein großer Felsbrocken soll auf die Straße gestürzt sein. Unpassierbar. Beim nächsten Kreisverkehr müssen wir umdrehen. Damit sind alle Pläne für den Rest des Tages hinfällig.



    Um die Vollsperrung zu umgehen, weichen wir nordwärts ins Landesinnere aus. Viel Natur, ab und zu kleine Häuschen. Die Straßen werden immer schmaler und schlängeln sich malerisch an Felsen und Seen entlang. Im Sonnenschein wäre das eine Traumstraße. Leider regnet es immer stärker. Schwere Wolken verdunkeln den Himmel. Man erkennt kaum noch was. Einen Mittelstrich gibt’s schon lange nicht mehr. Einmal überholt uns ein kleiner PKW in halsbrecherischem Tempo an einer völlig unmöglichen Stelle. Hoffentlich kommt jetzt kein dicker Brummer von vorne. Weit und breit immer noch keine Übernachtungsmöglichkeit zu sehen.



    Gegen Sonnenuntergang erreichen wir einen größeren Fluss und unerwartet taucht ein Campingplatz auf. So ein Glück. Blinker links. Die Rezeption ist noch besetzt und einen freien Platz gibt es auch.



    Vor der Weiterreise am nächsten Morgen entdecke ich diese kunstvoll gezimmerte Holzecke aus der roten Phase des unbekannten Künstlers. Eine kantige Schnecke aus Balkonverkleidung winkelt sich rechts herum eingerollt auf das zentrale Ziel hin. Der kontrastierende helle Deckel am glitzernden Kettchen zieht unweigerlich den Blick des Betrachters auf sich. Ein alter Stiefelknecht und eine lange Strebe stützen das Einfüllrohr gegen Umfallen und brechen mit ihrer schrägen Anordnung die rechtwinklige Strenge. Nach unten begrentzt eine kleine Plattform das Geviert. Doch halt, nicht gänzlich schließt sie den halb umfriedeten Raum. Der Erbauer hat zu zwei Wänden einen fußbreiten Abstand gelassen. So bekommt das mahnende Wort: „Distanz!“ gegenständlichen Ausdruck. Miniwaschbecken und Flüssigseife lockern mit gerundeten Umrissen und bunten Farbtupfen wohltuend die Eckigkeit des Ensembles. Kreuz- und Querinstallationen schlängeln sich in natürlichen Biegungen über die Wände. Der Spülschlauch hat den Kontakt dazu verloren und lugt verschämt aus seinem Versteck. Um dem friedlichen Stillleben etwas Spannung zu geben, balanciert ein Badutensil in schreiendem Pink auf der Kante des Geländers. Nur ein kleiner Schubs, schon würde es herunterfallen…



    Alles Notwendige ist vorhanden und wenn der Spülschlauch wieder angeschraubt wird, funktioniert es vermutlich wunderbar. Wir haben es aber nicht ausprobiert.


    J+J


    (PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)