In der Hecke
Herbstlicher Besuch der Campingmesse 2014 in der Landeshauptstadt. Die erste Nacht stehen wir mit dem nagelneuen Pössl auf einem Großparkplatz direkt neben dem Messegelände. Am zweiten Abend suchen wir jedoch einen richtigen Stellplatz mit Wasser und Strom. In einem Wohngebiet am Stadtrand werden wir fündig. Wir kommen unangemeldet. Der Betreiber empfängt uns trotzdem bereits in der Einfahrt. Eigentlich wäre er schon voll belegt, aber ganz hinten links in der letzten Ecke könnten wir noch hinpassen. Wie gut, dass der Kasten so kurz ist.
Der Platz ist in mehreren Terrassen angelegt, die Böschungen als Steingärten und Blumenrabatten gestaltet. Drumherum Büsche und mannshohe Hecken. Wir quetschen uns auf den zugewiesenen Fleck hauteng an die Hecke dicht vor einen Klaufix. Eine Baustelle mit Erdarbeiten. Hier werden offenbar noch weitere Parzellen in den Hang gebaggert. Heute egal, wir wollen hier nur eine Nacht bleiben. Hauptsache es gibt Strom. Dieser Platz bietet Überraschendes. Familiäre Atmosphäre, Saunabad, Brötchenversorgung mit zig Sorten, ausführliche persönliche Beratung über mögliche Freizeitaktivitäten usw. Die gesamte Infrastruktur ist liebevoll selbstgebastelt. Erst am nächsten Morgen realisiere ich, dass wir direkt vor der V/E platziert wurden.
Sie ist minimalistisch in die Hecke integriert, wie die Geräteablage eines Kleingärtners. Man könnte sie glatt übersehen. Holzpfähle, Wasserhähne und Steckdosen sind ja in Gärten nichts Besonderes. Feuerlöscher – vorbildlich, aber nicht ungewöhnlich. Beleuchtung – warum nicht. Wäre da nicht das Körbchen mit der Klobürste. Und wieso hat der Gärtner da unten sein Mittagessen abgestellt? Man muss schon genau hinsehen. Der vermeintliche Suppentopf deckelt den Einfüllschacht für die Klokassetten.
Das Gesamtkunstwerk erinnert ein bisschen an eine Skulptur von Lyonel Feininger und kommt ganz ohne Münzautomaten aus. Wie richtige Kunst ist es aber nicht gratis zu haben. Nutzt man das Angebot, wird die verführerisch niedrige Stellplatzgebühr (7,50€) ganz fix zweistellig. Strom pro Tag 1,50 €, Kassette ausleeren 1,50 €, Grauwasser ablassen 1,50 €, Frischwasser auffüllen ebenfalls 1,50 €. Kasse des Vertrauens? Nicht ganz. Ringsherum starren Kameras, dass jeder die Spielregeln brav einhält. Die Überwachungstechnik schreckt hoffentlich auch böse Buben ab. An den Masten hängen keine Attrappen. In der Rezeption kann man die Bildschirme sehen. Wir sind trotzdem dankbar für die freundliche Aufnahme und die sehr ruhige Nacht.
Nachsatz.
Die Platzgebühr hat inzwischen kräftig angezogen. Der Suppentopf steht nun durch ein zusätzliches Rohrknie etwas höher und leicht schräg. Auf Bildern im Netz scheint ein Schloss dran zu hängen. Geblieben ist der Charme und die gärtnerische Anmutung der Anlage.
J+J
(PS: Exemplarisches Beispiel. Bitte keine offene Nennung von Stellplatznamen o. Ä.)